Der perfekte Audio PC
Der Computer ist im Tonstudio die Schaltzentrale, an der alles zusammenläuft. Bei einigen Anwendern ist der PC sogar das Tonstudio. Doch welche Anforderungen muss ein moderner Audio PC erfüllen? Wir geben Tipps.

Natürlich sind die Anforderungen an den Audio PC nicht immer gleich. Vom Singer-Songwriter der Gitarre und Vocals aufnehmen will über professionelle Tonstudios bis zum reisenden DJ reicht die Palette.
Welches Betriebssystem wähle ich für den Audio PC?
Die Frage "Windows oder Mac?" hat sich nach jahrzehntelanger, fast religiöser Diskussion erledigt. Nehmt das, was ihr schon kennt oder auf was ihr mehr Lust habt.
Arbeitet ihr regelmäßig mit anderen Musikern, kann es sinnvoll sein, deren Betriebssystem zu verwenden. So ist bei Problemen schnell kompetenter Rat eingeholt. Völlig egal ist es aber natürlich nicht, für was ihr euch entscheidet. Wer zum Beispiel unbedingt Logic als DAW nutzen möchte, ist beim Betriebssystem mit dem Apfel richtig. Ähnlich verhält es sich bei einer Thunderbolt-Schnittstelle. Thunderbolt ist, da es von Apple kommt, bei macOS besser integriert. Die Windows-Welt bietet für Audio PCs mit ihren PCIe-Steckplätzen oder USB 3.0 Schnittstellen aber professionelle Alternativen. Bei bestimmten Hardwarekomponenten belasten Apple-Produkte den Geldbeutel intensiver.
Audio PC: Gehäuse und äußere Werte
Schon bei der Wahl der äußeren Form lohnt sich eine Vorüberlegung. Musiker, die viel unterwegs sind und häufig Bahn oder Flugzeug nutzen, dürften einen kompakten Laptop als Audio PC bevorzugen. Diese können heute extrem leistungsstark sein. Viele Keyboarder setzen weltweit in ihren Rigs Mainstage oder Forte als VST-Hosts ein. Sie bieten Klangvielfalt und Flexibilität bei geringem Gewicht. Achtet neben technischen Werten (Prozessor, Ram, Festplatte) auch auf die mechanische Stabilität. Hier gibt es große Unterschiede.

Was nützt euch der schnellste Rechner, wenn das Display abbricht oder die Tastatur spinnt. Ein mechanisch und thermisch robuster Audio PC steckt den Touralltag besser weg und belohnt euch mit Betriebssicherheit. Ein Ersatznetzteil gehört mit ins Reisegepäck. Ich persönlich habe mit Notebooks von Apple und HP gute Erfahrungen gemacht. Solide verarbeitete Qualität, die allerdings ihren Preis hat.
Für den stationären Einsatz gibt es Rechner im Tower-Gehäuse oder zur Montage in 19-Zoll-Racks. Koppelt man mehrere Audio PCs oder besitzt gar einen Maschinenraum oder Serverschrank im Tonstudio, ist dies natürlich sehr interessant. Steht der PC in der Regie oder im Aufnahmeraum, sollte er möglichst leise sein. Computer von einem Audio PC Hersteller sind daraufhin optimiert.
Der Prozessor, das Gehirn des Audio PCs
Moderne Rechner sind Mehrkernsysteme und bieten selbst im unteren Preisbereich Leistung satt. Audio geben sie absolut problemlos wieder. Selbst auf älteren Systemen lassen sich Projekte mit hunderten Audiotracks abspielen. Wer also seine DAW wie eine Bandmaschine für Studioaufnahmen und Schnitte verwendet, braucht nicht viel Rechenpower. Auch für normalen EQ- und Kompressoreinsatz oder Mastering ist man gut aufgestellt. Besonders die sequenzereigenen Effekte sind ressourcenschonend. Wird es doch mal eng, kann man über die Freeze-Funkion bei fast allen DAWs Abhilfe schaffen.
Setzt man aufwendige Effekt-Plug-ins oder viele virtuelle Instrumente ein, ist ein schneller Audio PC natürlich im Vorteil. In den letzten Jahren war bei normaler Nutzung und halbwegs aktuellem Rechner die Prozessorgeschwindigkeit häufig nicht der begrenzende Faktor. Dies könnte sich allerdings wieder ändern. Viele Musiker haben in ihren Projekten die Samplerate auf 88,1 kHz / 96 kHz angehoben. Damit steigt nicht nur die Audioqualität sondern auch die Rechenlast.

Moderne VST-Synthesizer (zum Beispiel Omnisphere) nutzen für die Klangsynthese intensiv den Prozessor aus. Zusätzlich zum Tonstudio beschäftigen sich fast alle Musiker inzwischen mit dem Thema Video. Youtube und Facebook wollen mit Content bestückt werden. Der Trend geht eindeutig in Richtung 4k-Auflösung. Bearbeitung, Schnitt und Rendering von 4k-Videomaterial fordert ein Mehr an Prozessorpower, RAM und Festplatte als die meisten DAW-Projekte.
RAM: Das Gedächtnis des Audio PCs
Acht, besser 16 GB RAM sollte ein Audio PC schon haben. Anwender, die ausgiebig mit Sample-Libraries arbeiten (Keyboarder, Filmkomponisten,...) profitieren davon, möglichst viele Instrumente gleichzeitig im Speicher halten zu können.
Hier dürfen es auch 24 GB oder mehr sein. Nicht bei allen Computern ist eine Nachrüstung von RAM-Speicher komfortabel möglich.
Festplatten
Große Festplatten sind nicht mehr teuer, doch für die meisten Musik-Anwender ist nicht die Größe entscheidend, sondern die Zugriffszeiten. Je schneller die Platte liest und schreibt, desto schneller laden eure Projekte, desto mehr Samples können gestreamt und drop-outs vermieden werden.
Ganz klar im Vorteil sind hier moderne SSD-Platten. Sie bieten kurze Zugriffszeiten, sind sehr robust und, da sie keine mechanischen Teile enthalten, extrem leise.
Leider schlagen sich diese Pluspunkte auch bei einem Plus im Preis nieder. Lösungsmöglichkeit: Man verwendet verschiedene Platten für verschiedene Zwecke: schnelle SSD-Platten für Betriebssystem, Programme und Sample-Libraries und große konventionelle mechanische Platten für Audiodaten.
Wie viel Platz man für seine Daten einplanen sollte, lässt sich schwer abschätzen. Wer gerne mit hohen Sampleraten (96 kHz) arbeitet und lange Sessions mit hoher Spuranzahl hat (zum Beispiel Livemitschnitte), benötigt mehr Festplattenspeicher.
Man kann es nicht oft genug sagen: Plant für euer Tonstudio noch Euros für ein paar USB-Festplatten für Backup und Archiv ein. So schützt ihr euch vor Datenverlust.

Monitore für euer Tonstudio
Wer oft mit dem Audio PC Musik macht, lernt schnell die Vorteile eines Multi-Monitorsetups zu schätzen. Zwei Displays lassen sich an die meisten Grafikarten anschließen und beschleunigen den Workflow. Interessant können Touchdisplays sein, deren Verwendung die meisten DAWs unterstützen. Wählt bei Laptops den Monitor nicht zu klein, 15 Zoll sollten es mindestens sein. Verspiegelte Displays tendieren bei rückwärtigem Bühnenlicht zum Blenden.
Audio PC: Tipps für den Kauf
Computer gibt es an jeder Ecke zu kaufen. Selbst beim Lebensmitteldiscounter findet man sie. Was für den Büroeinsatz gut funktioniert, hilft dem Musiker nur wenig. OEM-Betriebssysteme und hartnäckige Virenscanner sowie zweifelhafte Gratissoftware lassen sie schwer in das eigene Tonstudio einbinden. Wer sich auskennt, macht den Rechner platt, nutzt nur die Hardware für den Audio PC und setzt ein neues Betriebssystem auf.
Hardwarefreaks bauen sich ihren Rechner aus neuen Einzelkomponenten selbst zusammen.
Muss es immer neu sein? Computer verlieren schnell an Wert. Gebrauchtkauf kann interessant sein. So benutzt zum Beispiel der Filmkomponist Tom Holkenborg eine ganze Batterie von gebrauchten Servern, die er für wenig Geld in ein mächtiges Multicomputer-Studiosetup verwandelt hat.
Wer selber das nötige Fachwissen nicht hat, findet vielleicht einen Kumpel, der helfend unter die Arme greifen kann. Bequemer ist es, bei einer Firma den neuen Rechner zu erwerben, die sich auf Audio- oder Multimedia-Anwendungen spezialisiert hat. Hier werden die Komponenten sorgfältig ausgewählt, getestet und optimal auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmt. Bei Fragen spricht man mit Leuten, die wissen was „Latenz", "VST" oder "UAD-Plug-in" bedeuten.